Bereits 2017 schrieb Andrew Winston auf medium.com darüber, wie differenziert die Abwehr und die Verleugnung der Klimakrise ist – so dass selbst das Leugnen der Klimakrise geleugnet wird, was er „Denying climate denial“ nennt.
Winston schafft eine hilfreiche Differenzierung, indem er unterscheidet zwischen 1. Denjenigen, die die Fakten bezweifeln und denen, die die Krise wahrhaben, und 2. Denjenigen, die handeln und denjenigen, die passiv bleiben.
Daraus ergeben sich vier unterschiedliche Argumentations- und Heransgehensweisen – die sich tatsachlich immer wieder beobachten lassen.
Im April 2017 schrieb ein Kolumnist der New York Times, Bret Stephens: Diejenigen, die Klimaschutzmaßnahmen unterstützten, seien sich der Wissenschaft zu sicher (und die Wissenschaft sei niemals zu 100% sicher), und es sei zu teuer, Maßnahmen zu ergreifen.
Dennoch sieht sich Stephens nicht als Leugner der Klimakrise, er schrieb, nachdem es einige Aufregung um seine Kolumne gab: “Nichts davon soll den Klimawandel oder die mögliche Schwere seiner Folgen leugnen.”
Diese Diskussion bringt Andrew Winston in seinem Artikel dazu, die verschiedenen Arten der Verleugnung zu differenzieren: Diese ist nicht auf die völlige Verleugnung der Grundlagenwissenschaft beschränkt. Im Gegenteil, die Abwehr ist diffenzierter und damit noch gefährlicher geworden.
Das demonstriert er an einem Beispiel: Stellen Sie sich vor, Ihr Arzt sagt Ihnen, dass Sie einen gefährlich hohen Cholesterinspiegel und verstopfte Arterien haben. Er sagt, Sie könnten bald tot umfallen. (Oder, um im Bild der Klimakrise zu bleiben, 97 von 100 Ärzten sagen ihnen dies).
Er unterscheidet nun vier mögliche Reaktionen, die auf zwei Dimensionen basieren: 1. auf dem Glauben an die grundlegenden Fakten (oder dem Zweifel daran) und 2. darauf, ob Sie sich zum Handeln verpflichten, oder notwenige Maßnahmen weiter verschieben.
- Zweifel und Untätigkeit (simplistische Ablehnung). Sie sagen: “Ich glaube nicht, dass die Beweise echt sind – es muss ein schlechter Scherz sein.”
- Akzeptanz, aber Untätigkeit: “Ja, es ist real, aber ich glaube nicht, dass aggressives Handeln gerechtfertigt ist. Das könnte mein Leben zu sehr beinträchtigen. “
- Zweifel, aber Aktion: “Ich bin nicht sicher, ob der Arzt Recht hat. Aber ich gehe einen gesünderen Weg, weil das Risiko zu hoch ist und es sowieso besser für mich ist. “
- Akzeptanz und Aktion: “Ich glaube dem Arzt und der Wissenschaft, und ich halte es für dringend. Also ändere ich mein Verhalten dramatisch und mache es jetzt. “
Wenn Ihnen Option 1 verrückt vorkommt, weil Sie keine Treppe mehr hochkommen, ohne zu keuchen, die Beweise also längst vorliegen, stehen Ihnen die anderen drei Optionen zur Verfügung:
Sie können Pfad 4 wählen, in dem Sie erkennen, dass das Problem real ist, und Ihr Verhalten entsprechend ändern. Da es hier nur auf die Ergebnisse ankommt, ist Pfad 3 fast genauso gut. Unabhängig vom Grund können Sie gesünder essen und Sport treiben. Sie werden vielleicht feststellen, dass die Verhaltensänderung viele zusätzliche Vorteile hat – Sie fühlen sich besser, leben länger und können mehr aus Ihrem Leben machen.
Aber Weg 2 ist derjenige, der die Ärzte verrückt macht: Das Problem anzuerkennen, aber weiter zu diskutieren und Maßnahmen zu verzögern. Zu leugnen, dass wir durchgreifend und sofort handeln müssen, bedeutet, noch immer zu leugnen. Und das ist gefährlich.”
Was das für die amerikanische Politik und Wirtschaft bedeutet, führt Winston ebenfalls aus. Er schreibt:
„Der Mainstream der Klimaleugner hat jahrelang den Weg 1 eingeschlagen. Wir alle, die die Dringlichkeit sehen – zu denen alle wichtigen wissenschaftlichen Gremien, die großen Umwelt-NGOs sowie führende Unternehmen und Clean-Tech-Akteure gehören – sind fest in Lager 4.
Und meiner Erfahrung nach befindet sich die Mehrheit der Großkonzerne heute in Lager 3: sie gehen pragmatisch vor und steigen beispielsweise auf erneuerbare Energien um, da diese viel billiger werden. D.h. sie sind in Lager 3, bewegen sich aber auf 4. zu, d.h. die Klimaleugner verschwinden zunehmend aus der Wirtschaftswelt).
Gruppe 1 steht außerhalb jeglicher ernsthaften Debatte über die Zukunft von Energie und Handel. Es ist geradezu lächerlich, immer wieder die Grundlagen zu leugnen. Um im Diskurs zu bleiben, sind viele Kommentatoren und Politiker in die Gruppe 2 übergegangen, d.h. Leute wie Bret Stephens schlagen mehr Diskussionen und Debatten darüber vor, ob Maßnahmen wirklich notwendig und die “Kosten” wert sind (womit sie ignorieren – und ja, leugnen -, dass das Nichtstun die Welt wahrscheinlich viele Billionen mehr kosten wird, als eine saubere Wirtschaft aufzubauen).
Um es ganz klar zu sagen: Zu leugnen, dass wir dringend handeln müssen und zwar sofort, ist immer noch Verleugnung. Und das ist gefährlich. Nennen wir es Klimaschutz-Verweigerung. Verweigerung, indem man immer weiter diskutieren möchte, ist nur eine differenziertere Strategie zur Verteidigung des Status quo. Natürlich brauchen wir eine Diskussion – aber darüber, wie wir vorankommen und Kohlenstoff auf möglichst ökonomische Weise in der Wirtschaft – und der Atmosphäre – reduzieren. Und wir müssen darüber diskutieren, wie wir denjenigen helfen können, die Nachteile erleiden, wenn eine saubere Wirtschaft die Welt erobert.
Aber die Zeit für Diskussionen darüber, ob wir schnell handeln sollten, ist längst vorbei. Es ist eine einfache Risiko-Ertrags-Gleichung, und die Risiken sind klarer denn je, ebenso wie der Nutzen und die Kosten für den Aufbau einer sauberen Wirtschaft. Die neue Form der Verleugnung besteht darin, den Mythos fortzusetzen, dass es viel zu teuer wird, zu handeln – und stattdessen weiter debattieren zu wollen. Es ist Verleugnung, Jahrzehnte sehr klarer und alarmierender Wissenschaft buchstäblich zu ignorieren und dann zu argumentieren, dass wir langsam vorgehen sollten – während wir längst keine Zeit mehr haben.